Reise nach Veliky Novgorod im April 2017
Alfred Kath Hamdorf, 30.04.2017
Reise nach St. Petersburg und Weliky Novgorod
Anfang des Jahres zeigte Heinrich mir ein Schreiben, welches er von der Industrie und Handelskammer erhielt, in welchem angefragt wurde, wer Interesse an einer Reise nach Novgorod in Russland im April hätte. Die Reise sollte wirtschaftliche Beziehungen und Handelsaustausch zwischen den beiden Hansestädten Lübeck und Weliky Novgorod und deren Region ausloten und fördern.
Ich empfahl Heinrich da mitzufahren, obwohl ein wirtschaftliches Interesse für uns dabei kaum drinsteckt – und wenn er nicht könne oder wolle, so würde ich eventuell mitfahren.
So fragte er mich dann vor ein paar Wochen, ob ich mit ihm fahren wolle. Auf Heinrichs Initiative flogen wir dann schon einen Tag früher, so dass wir noch einen Tag in St. Petersburg verbringen konnten. Das stellte sich als gute Idee heraus, denn diese Stadt hat uns beiden außerordentlich imponiert. Der prunkvolle und farbenfrohe Baustil zusammen mit der gewaltigen Größe lässt unsere deutschen Städte als niedlich, gemütlich – ja fast kleinkariert-engstirnig erscheinen. Bei der ganzen Farben -und Verzierungspracht, wirkt jedoch kaum etwas kitschig.
Am Sonntag mittags wurden wir dann von einem Kleinbus der Stadt Novgorod abgeholt und fuhren mit der Delegation aus Lübeck zusammen nach Novgorod. Wie sich dann herausstellte, waren Heinrich und ich die einzigen Unternehmer, die an der Reise teilnahmen. Die anderen waren – der Bürgermeister von Lübeck (gleichzeitig Präsident der Neuen Hanse), ein Vertreter der Industrie und Handelskammer, ein Vertreter der Wirtschaftsfördergesellschaft und ein Vertreter der Lübecker Hafengesellschaft.
Die ca. 200 Km Fahrt von St. Petersburg nach Weliky Novgorod erinnerte mich etwas an Australien. Die endlosen teils spärlich bewachsenen Weiten – alles war noch ziemlich kahl nach dem langen, strengen russischen Winter und die Behausungen entlang der Straße wirkten ärmlich bis erbärmlich und meist unaufgeräumt. Fast alle Häuser aus Holz, kleine Fenster, kaum erkennbare Gärten, selten mal ein neueres Haus oder eines aus Stein.
In Novgorod wurden wir dann am späteren Nachmittag im Rathaus empfangen mit fast staatsmännischer Manier, mit Presse, Fernsehen Bürgermeister, Senatoren, Dolmetscher und allem, was dazu gehört. Fehlte nur noch, dass Putin höchstpersönlich erschien, um uns zu begrüßen.
Von da aus wurden wir zwei Tage und Abende gründlich verwöhnt mit Essen in den feinsten Restaurants, Reden und Trinksprüchen mit viel Wein und Wodka, Geschenken und Besuchen und Führungen in großen Betrieben, sowie der Stadt, – wie Z.B. dem Novgoroder Kreml (heißt Burganlage) Weliky Novgorod scheint ja für Russland eine Stadt von historischer Bedeutung zu sein. Angeblich hätte das russische Reich dort seinen Anfang genommen. Erst später soll dann Moskau und zeitweilig auch St. Petersburg die Führung übernommen haben.
Abgesehen von der großartigen Gastfreundschaft, hatte ich den Eindruck, dass alles Deutsche in hohem Ansehen bei den Russen stand.
Bei aller Harmonie und Freundschaft, besonders zwischen Bernd Saxe (Lübecks Bürgermeister) und dem novgorodter Bürgermeister, die sich durch die Hanse Städtepartnerschaft schon länger kennen, – fand ich dann doch einen Meinungsunterschied bemerkenswert. – Der Novgorodter Bürgermeister (Jurij Bobryschew) lenkte abends nach dem Essen, bei Wein, Wodka und Gesprächen das Thema vorsichtig aufs politische und fragte, was wir denn vom Brexit hielten. Bernd Saxe meinte, ja das sei so eine Art bedauerlicher Betriebsunfall gewesen, jetzt würde sich aber zeigen, dass der Rest der Europäer umso fester zusammenrücken würde. Da erwiderte Bobrischew lächelnd, das sehe er anders, – so (wie Saxe) – hätten sie das seinerzeit (vor 20 – 25 Jahren) auch gesehen und gedacht, vor dem Zerfall der Sowjetunion. Sie hätten auch gedacht, der Kommunismus und der Sozialismus sei doch eine gute Sache, – und die ganze Welt sollte in deren Genuss kommen. So, wie die Amerikaner und der Westen das heute mit ihrem System sehen und glauben.
Am Mittwoch, dem 3. Tag in Novgorod wurden wir morgens um 9 Uhr feierlich verabschiedet, mit dem Bus wieder zum St. Petersburger Flughafen gebracht und kamen spät nachmittags in Hamburg an.
Ganz allgemein, ich fand die Russen irgendwie religiöser, oder vom Glauben ergriffener, wenn das etwas anderes sein sollte, ansonsten jedoch in fast bedauerlicher Weise an westlichen Werten orientiert, wie Musik, Kleidung, Film, Fernsehen und Technik. Ich frage mich, warum eine so stolze und musikalische Nation, westliche Schlager und Popmusik den ganzen Tag lang hört? Mangelt es da doch etwa ein wenig an Selbstbewusstsein?
Jedenfalls hat die Reise starke Eindrücke hinterlassen und mich auch gut auf die längere Reise – 3 Wochen, – vom 23.Juli bis 13 August mit Benita vorbereitet. Und ich freue mich auch, dass ich diese Reise mit Heinrich unternehmen konnte. So können wir die Begeisterung und die Eindrücke teilen und wir hatten eine schöne Zeit zusammen.